Wir stellen vor: Catherine Ott, Vorstandsmitglied der Shiatsu Gesellschaft Schweiz (SGS) seit 2017
Seit 2017 engagiert sich Catherine Ott im Vorstand der SGS. Catherine ist KomplementärTherapeutin mit eidgenössischem Diplom in den Methoden Shiatsu und Craniosacral Therapie. Sie arbeitet seit über 20 Jahren in eigener Praxis in Bern. Daneben ist sie als Supervisorin und bei der OdA KT als Expertin für die Akkreditierung von Methoden und Ausbildungen tätig.
Was hat dich dazu bewogen, damals, als Shiatsu im Schweizer Gesundheitswesen noch recht unbekannt war, Shiatsu-Therapeutin zu werden?
Das hatte im Grunde genommen gar nichts mit Shiatsu zu tun. Zwar war ich in Ausbildung zur Heilpraktikerin, mein Interesse für Alternativ- bzw. KomplementärTherapie war also durchaus vorhanden, aber den Grundkurs Shiatsu habe ich besucht, weil meine Mutter mich gefragt hatte, ob ich mit ihr da hingehen würde. Es war also eher eine zufällige Wahl. Der Grundkurs gefiel mir dann aber so sehr, dass ich im Anschluss die ganze Ausbildung machte. Damit folgte ich allerdings zunächst noch eher meinem Interesse als einem Berufswunsch.
Du hast innerhalb eines Jahres sowohl das Branchenzertifikat (BZ) erlangt als auch die Höhere Fachprüfung abgelegt. Wie war das für dich?
Zunächst war ich eher verärgert darüber, dass ich nach so langer Berufserfahrung nochmals eine Prüfung ablegen sollte, und ich hatte mässig Lust, mich mit der KomplementärTherapie zu beschäftigen. Nachdem ich die Trotzphase überwunden hatte, schloss ich mich einer Lerngruppe an. Das war essenziell für mich, denn es brachte die nötige Disziplin und sogar etwas Spass in die Prüfungsvorbereitung. Am Ende des Einsatzes wartete dann jeweils ein Prosecco auf uns.
Mit der Vorbereitung auf die Höhere Fachprüfung begann ich zu verstehen, was der Grundgedanke eines Berufes für TherapeutInnen verschiedener Methoden war. Die Formulierung gemeinsamer Grundlagen, die Schaffung eines gemeinsamen Vokabulars, die Gedanken darüber, was denn nun eigentlich unser Beruf sei – auf einmal fand ich die Beschäftigung mit diesen Themen interessant.
Du hast dich nach 25 Jahren Praxistätigkeit intensiv mit deinem Beruf auseinandergesetzt. Was waren für dich die grössten Herausforderungen? Hat sich deine therapeutische Arbeit dadurch verändert?
Die grösste Herausforderung waren sicher meine anfänglichen Widerstände.
Besonders wichtig war für mich, dass in der KT grossen Wert auf das begleitende Gespräch gelegt wird. Da ich seit vielen Jahren mit dem therapeutischen Dialog arbeite, gab dies meiner Arbeit „offiziell“ eine neue Bedeutung. Ich begann neu über den Dialog in Verbindung mit der Körperarbeit nachzudenken, und das gab meiner Arbeit eine neue Tiefe.
Was war 2017 deine Motivation im Vorstand der SGS mitzuarbeiten?
Nach so vielen Jahren im selben Beruf hatte ich – bei aller Liebe – einfach Lust auf Neues. Ursprünglich war ich ja Übersetzerin und Deutschlehrerin für Asylsuchende und habe später noch einen Abschluss in Friedensforschung und Mediation gemacht. Währenddessen und danach war ich stets als Körpertherapeutin tätig. Als meine Kinder ausflogen, war mir klar, dass ich mich auch etwas verändern wollte.
Wie erlebst du deine Tätigkeit im Vorstand?
Ich kann mich mit völlig neuen Themen beschäftigen und zugleich mein Wissen über die Shiatsu-Welt vertiefen. Das ist ein laufender Prozess, der mich noch keine Sekunde gelangweilt hat.
Eine – durchaus positive – Herausforderung stellt die Zusammenarbeit im Team dar, da wir meistens nur per Mail oder Telefon in Kontakt stehen und uns nur an wenigen Tagen pro Jahr sehen. Da ist es manchmal nicht einfach zu wissen, wo nun die anderen stehen, woran sie gerade arbeiten oder wie es ihnen geht. Alles in allem ist der Austausch aber ausgezeichnet und ich empfinde diese Art zu arbeiten als Bereicherung.
Wieso hast du dich für das Ressort Vernetzung und Externe Beziehungen entschieden?
Da ich aufgrund meiner ursprünglichen Ausbildung mit verschiedenen Sprachen gut vertraut bin, mich zudem mit unserem einschlägigen Berufsvokabular und den Inhalten unseres Berufs gerade frisch auseinandergesetzt hatte, passte diese Aufgabe wohl am besten zu mir. Zudem interessierte mich die berufliche Entwicklung in Europa. Das war ein wirklich neues Gebiet für mich.
Was gefällt dir ganz besonders in diesem Ressort?
Das Schönste in diesem Ressort sind die vielen internationalen Kontakte. Als Verband sind wir Mitglied des internationalen Shiatsu-Verbandes ISN (International Shiatsu Network). Zweimal pro Jahr treffen wir uns reihum bei jedem Mitglied „zuhause“, tauschen uns über die beruflichen Entwicklungen in unseren Ländern aus und überlegen, wie wir Shiatsu noch besser in die (komplementär-)medizinische Landschaft integrieren könnten.
Was hast du sonst noch für Aufgaben innerhalb der SGS/Vorstandsarbeit?
In unterschiedlichen Formationen innerhalb des Vorstands kümmere ich mich um Anpassungen unserer Reglemente und Dokumente sowie um kompliziertere Anfragen unserer Mitglieder oder anderer Interessierter bezüglich Mitgliedschaft oder Krankenkassen. Zudem bin ich verantwortlich für die Delegierten der OdA KT und Mitglied der Redaktionskommission.
Was sind deine Ziele, was möchtest du gerne bewegen mit deiner Mitarbeit im Vorstand der SGS?
Unser Hauptziel sollte, neben den allgemeinen Dienstleistungen für unsere Mitglieder, die breite Verankerung von Shiatsu in der Gesellschaft und in der therapeutischen Welt bleiben. Mit dem Berufsbild KT und der neuen KT-Sprache wurde von der OdA KT auch die Vertiefung des allgemeinen Verständnisses der KomplementärTherapie anvisiert. Auf diesem Gebiet bleibt sicher noch einiges zu tun. Ich freue mich, wenn ich mich in den nächsten Jahren gemeinsam mit meinen schweizerischen und europäischen KollegInnen für diese Themen einsetzen kann.
Wie siehst du die Zukunft unseres Berufsverbandes in 10, 15 Jahren?
Hier sind natürlich verschiedene Szenarien denkbar. Vielleicht bleibt alles wie bisher. Es wäre aber, da wir ja jetzt einen Beruf für verschiedene Methoden haben, z. B. auch eine Fusion der KT-Verbände denkbar. Damit könnten Synergien geschaffen und auch verschiedene Tätigkeiten vereinfacht werden. Teilweise bestehen bereits Bemühungen, Synergien zu nutzen. Vielleicht muss hier der zeitliche Horizont noch etwas weiter gesteckt werden.
Interview: Sabine Bollinger