Jugendjahre: Achterbahn der Gefühle und Entwicklungen

Die Adoleszenz ist eine sehr wichtige Zeit in unserem Leben. Einige von uns werden sie als eine Zeit in Erinnerung behalten, in der wir lernten, wertvolle emotionale Bindungen aufzubauen, uns als Individuen wahrzunehmen und in langfristigen Zielen zu denken, die über die unmittelbare Befriedigung der Bedürfnisse hinausgehen. Die Fähigkeit der Selbstregulation, die sich, gemeinsam mit Körper und Geist, in diesen Wachstumsjahren entwickelt, ist eine wichtige Voraussetzung dafür. Shiatsu kann eine grosse Rolle bei der Unterstützung dieser Entwicklung spielen.

Entdeckung und Entwicklung
Die Adoleszenz ist die Phase, in der die Kinder zu unabhängigen Erwachsenen heranreifen. Diese Phase beginnt ungefähr mit 10 Jahren und dauert bis in die späten Teenager- oder frühen 20er Jahre hinein. Die Adoleszenz ist eine Zeit der Entdeckungen, in der wir uns damit auseinandersetzen, was wir akzeptieren oder ablehnen wollen, wo unsere Grenzen liegen, was die Gesellschaft und die Gleichaltrigen erwarten, was «cool» ist und uns das Gefühl gibt, akzeptiert zu werden und was nicht. Manche Entdeckungen betreffen den Geist, andere sind emotional oder rein körperlich und physiologisch, alle beeinflussen sich jedoch gegenseitig. Der Körper und die Hormone verändern sich für manche allzu rasch. In dieser Zeit befinden sich auch einige Bereiche des Gehirns noch im Wachstum und entwickeln sich schnell, Hirnregionen, die uns in Zukunft helfen werden, das soziale, kognitive und emotionale Leben zu meistern.

Die letzten Hirnregionen, die sich entwickeln, sind die frontalen und präfrontalen Kortexe, die für die Steuerung der Emotionen und die Selbst-Kontrolle zuständig sind. Diese Bereiche sind auch wichtig für die Interpretation von Emotionen anderer, was uns hilft, mit anderen in Kontakt zu treten, angemessen auf ihre Gefühle zu reagieren und somit befriedigende und glückliche Beziehungen aufzubauen und zu entwickeln.

Wenn diese Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, ist die Fähigkeit zur Selbstregulation noch nicht stabil. Da die Selbstregulierungsfähigkeit bis ins junge Erwachsenenalter wächst, kann sie durch positive Erfahrungen, Erziehung und Unterstützung gefördert werden.

Risikofreudigkeit und Selbstregulation
Gerade wegen dieser raschen physiologischen Veränderungen haben die meisten Teenager eine andere Vorstellung von Risiko als Erwachsene. Die Bereiche des Gehirns, die auf Belohnung und Belohnungsentzug reagieren, entwickeln sich früher als die Bereiche, die für die Selbstregulation und das Verständnis für sich selbst und andere zuständig sind. Daher neigen Teenager «von Natur aus» zu einer stärkeren Risikobereitschaft. Wie wir wissen, können jedoch unkluge Entscheidungen in dieser Lebensphase langfristige negative Folgen haben, weshalb das Erlernen der Selbstregulation in dieser Entwicklungsphase äusserst wichtig ist.

Selbstwahrnehmung und Körperbild
Die Adoleszenz ist auch eine kritische Entwicklungsphase in Bezug auf die Selbst- und Körperwahrnehmung. Die Forschung hat gezeigt, dass das Selbstbild von Jugendlichen in dieser Zeit komplexer und differenzierter wird, da sie beginnen, auch soziale und emotionale Dimensionen des Selbst in ihre Gesamtwahrnehmung einzubeziehen. Dazu gehört auch, sich ein reiferes und hoffentlich realistischeres Bild vom eigenen Körper zu machen. Eine Wahrnehmung, die von sozialen und kulturellen Normen sowie von eigenen Erfahrungen und Empfindungen geprägt wird.

Shiatsu empfangen und geben
In diesem Zusammenhang gewinnt Shiatsu als mögliche Unterstützung der Entwicklung des Selbst- und Körperbildes bei Jugendlichen zunehmend an Aufmerksamkeit. Zu den positiven Auswirkungen des Shiatsu gehören eine Verringerung von Stress und  Aengsten, eine Verbesserung von Schlaf, körperlichem und emotionalem Wohlbefinden, sowie eine Steigerung der Selbstwahrnehmung und des Selbstwertgefühls.

Im Rahmen eines erfolgreichen Langzeitprojekts, geführt von TherapeutInnen und Shiatsu-Schulen in Italien, erhalten Jugendliche Shiatsu-Behandlungen und werden auch in einfachen Anwendungen unterrichtet. Dadurch können sie mit Gleichaltrigen Shiatsu austauschen, was eine Reihe von positiven Auswirkungen haben kann. Diese sind:

Gefühl der Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit: Durch das Erlernen und Praktizieren von Shiatsu entwickeln die Jugendlichen neue Fähigkeiten und werden zu aktiven GestalterInnen ihres eigenen Wohlbefindens. Sie erlangen das Gefühl, den eigenen Körper und die eigene Gesundheit beeinflussen zu können.

Verbindung und Gemeinschaft: Der Austausch von Shiatsu-Behandlungen mit Gleichaltrigen bietet Gelegenheit für eine positive soziale Interaktion und trägt zur Förderung gesunder Beziehungen bei.

Förderung von Körperbewusstsein und positivem Körperbild: Im Shiatsu wird die Vielfalt menschlicher Körper und die Achtsamkeit gegenüber dem eigenen Körper direkt erfahren. Jugendliche können so ein positiveres und bejahenderes Bild ihres eigenen Körpers entwickeln.

Selbstregulation und Regulierung der Emotionen: Durch das Erlernen und Praktizieren von Shiatsu verbessern Jugendliche ihr Bewusstsein für eigene Gefühle und Empfindungen, wie auch für diejenigen anderer. Dadurch können sie lernen, ihre Emotionen und ihre körperlichen Empfindungen zu regulieren, was zu einem besseren Verständnis ihrer selbst und der Welt um sie herum führt.

Ob nun Jugendliche Shiatsu direkt selbst erfahren oder unter professioneller Anleitung in einen Shiatsu-Austausch mit Gleichaltrigen treten, im Shiatsu können sie eine grosse Unterstützung für ein zufriedeneres und ausgeglicheneres Erwachsenwerden finden.

Alice Zagato