Praxisbeispiel Rückenschmerzen
Rückenschmerzen zählen in der Schweiz inzwischen zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden und sind oft ein Grund, eine Shiatsu-Therapie in Anspruch zu nehmen. Der ganzheitliche Therapie-Ansatz von Shiatsu, der auch psychosoziale Faktoren berücksichtigt, kann einer Chronifizierung entgegenwirken, wodurch Leid und Kosten reduziert werden.
Laut einer Umfrage der Rheumaliga Schweiz von 2020, beklagten sich mehr Personen über häufige Rückenschmerzen als noch im Vergleichsjahr 2011. Während im Jahr 2011 noch 30% der Befragten nur selten unter Rückenschmerzen litten, waren es im Jahr 2020 nur noch 10%. Nur 2% hatten noch nie Rückenschmerzen (2011: 7%), und rund 22% gaben an, mehrmals pro Woche unter Rückenschmerzen oder Verspannungen zu leiden.
Dabei können Rückenschmerzen unterschiedliche Ursachen haben: Fehlhaltungen, zu wenig Bewegung oder körperliche Überanstrengung, muskuläre Disbalance, Verspannungen, Veränderungen der Wirbelsäule sowie Bandscheibenprobleme. Auch Verspannungen in Brust- und Bauchraum können sich in Rückenschmerzen äussern, genauso wie seelische Belastungen, Stress oder Traumata. Dann steht man „mit dem Rücken zur Wand“, „arbeitet sich den Buckel krumm“ oder etwas „bricht uns das Rückgrat“.
Energie-Muster bei Rückenschmerzen
Verspannte und schmerzhafte Bereiche im Rücken sind meist schlechter durchblutet als andere Körperregionen. Die Energie wird nicht mehr gleichmässig entlang der ganzen Wirbelsäule verteilt. In einigen Bereichen ist zu viel Energie da, in anderen zu wenig. Der Rücken kann so nicht flexibel seinen Aufgaben nachkommen. Die Nervenstränge, welche die Signale vom Rückenmark in den ganzen Körper leiten, können die Impulse nicht mehr störungsfrei übermitteln. So wird Energie im Rücken blockiert oder sie stagniert und kann nicht frei fliessen.
Die sanften Berührungen und Rotationen im Shiatsu gleichen dieses Ungleichgewicht wieder aus. Die Energie wird wieder in Fluss gebracht, der Körper wird darin unterstützt, Verspannungen loszulassen. Muskeln und Faszien entspannen sich, gestaute Lymphflüssigkeit kann abfliessen. Schwächere Bereiche des Rückens werden besser durchblutet und durch Wärme und Bewegung angeregt. Überreizte Nerven kommen zur Ruhe.
Das Loslassen während der Behandlung wirkt auch auf psychischer Ebene. Der emotionale Anteil der Rückenschmerzen wird im Gespräch mit der Therapeutin erforscht.
Die Wechselwirkungen zwischen Rückenschmerzen und Lebensweise werden ergründet und können von den KlientInnen neu betrachtet werden. Die Selbstheilungskräfte des Körpers werden angesprochen und zugleich werden eigene Muster erkannt, welche die Schmerzen begünstigen. Shiatsu-TherapeutInnen ermutigen die KlientInnen, Strategien zu entwickeln, um ungünstige Muster zu durchbrechen und zusätzlich den Rücken zu stärken. Das kann lockere Gymnastik bedeuten, Yoga, Wärmetherapie, aber auch Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Atemübungen.
Ein Beispiel aus der Praxis
Sandra ist 30 Jahre alt, ehemalige Kunstturnerin, im Finanzmanagement ausgebildet und zur Zeit ihrer ersten Konsultation arbeitslos. Sie ist erst kürzlich mit ihrem Mann umgezogen und fühlt sich durch ihre unstabile Situation gestresst. Einige Monate zuvor hatte sie einen starken Hexenschuss (Lumbago) und leidet seither ständig unter starken Schmerzen im ganzen Rücken. Schulmedizinische Untersuchungen ergaben keinen konkreten Befund zum Ursprung der Schmerzen. Sandra erwähnt auch, dass sie oft schmerzhafte und unregelmässige Menstruationsblutungen hat. Zudem leidet sie allgemein unter einer schlechten Blutzirkulation.
Während der Behandlung wird der energiearme untere Rücken mit tiefgehendem Druck gestärkt und der obere sehr harte und verspannte Rücken mit sanftem Druck in wiegendem Rhythmus in Bewegung gebracht. Die Energie kann wieder fliessen und die Spannung im Lumbalbereich löst sich. Das Loslassen der Muskeln bewirkt eine geistige Entspannung, und Sandra kann nun in Worte fassen, welche Punkte ihres Lebens ihr Stress bereiten. Die Angst vor einer längeren Arbeitslosigkeit und deren möglicher Auswirkung auf ihre Ehe lässt sie förmlich erstarren. Je klarer sie diese Befürchtungen wahrnehmen kann, umso besser kann sie damit umgehen. Bald verbessern sich die Schmerzsymptome und die Therapeutin arbeitet in den folgenden Sitzungen darauf hin, Spannungsmuster abzubauen, um das Wiederauftreten der Rückenschmerzen zu vermeiden. Sie empfiehlt Sandra, regelmässig sanfte Dehnungsübungen auszuführen, um die Behandlung zu unterstützen. Nach zwei Monaten mit vier Sitzungen wurden die Rückenschmerzen deutlich gelindert, die Menstruationsblutungen sind weniger schmerzhaft und die Blutzirkulation ist allgemein besser. Sandra hat ihren Optimismus wieder gefunden und schaut ihrer Zukunft nun entspannt entgegen.