Praxisbeispiel: wie unterstützt Shiatsu bei Kinderwunsch?

Dass der Wunsch nach einem eigenen Kind nicht immer und ganz häufig nicht sofort erfüllt wird, erfahren viele Paare erst, wenn es sie selbst betrifft. Jedes sechste Paar in der Schweiz hat Schwierigkeiten, sich seinen Kinderwunsch zu erfüllen. In den meisten Fällen handelt es sich nicht um eine vollständige Unfruchtbarkeit, sondern um eine Fruchtbarkeitsstörung. Unabhängig davon, ob sich ein Paar für eine medizinische Kinderwunsch-Therapie entscheidet oder nicht, kann Shiatsu mit seinem ganzheitlichen Ansatz einen wichtigen Beitrag leisten, wie die folgenden Beispiele aus der Praxis zeigen.

Wanda (30) bekam Shiatsu von ihrer Gynäkologin empfohlen, um die belastenden Phasen der Kinderwunsch-Therapie «abzufedern». Ein gut gewählter Ausdruck, fühlte sie sich tatsächlich nach jeder Behandlung «federleicht».
Sie litt nicht nur an körperlicher Steifheit und Müdigkeit, sondern war auch mit den an sie gestellten Anforderungen in ihrem Job total überfordert, oft gar am Limit ihrer Leistungsfähigkeit. Ihr Zyklus war sehr unregelmässig, es fehlten ihr Schlaf, Motivation und immer wieder auch die Freude am Leben.
Wanda war anfangs skeptisch und glaubte eigentlich nicht, dass Shiatsu mehr bewirken könnte als Entspannung für den Moment. Drei Tage nach der ersten Behandlung schrieb sie der Therapeutin ein ausführliches Feedback. Es hätte sich nicht viel verändert, ausser: Sie hätte seit langem wieder zwei Nächte richtig durchgeschlafen, seither keine Kopfschmerzen mehr und die Periode wäre pünktlich und schmerzlos eingetroffen.
Obwohl schon die erste Behandlung doch einige Aspekte ihres Beschwerdebildes bewegt hatte, nahm das Wanda anscheinend selbst noch nicht richtig wahr.
Die weiteren vier Behandlungen in zweiwöchigem Abstand veränderten das Empfinden und die Selbstwahrnehmung dieser jungen Frau dann fundamental.
Aufmerksam und interessiert begann sie wahr- und für wahr zu nehmen, was in ihrem Körper passierte, und die Entspanntheit nach den Behandlungen in ihrem ganzen Sein wurde zum Genuss für sie.
Nach der zweiten Insemination wurde und blieb Wanda schwanger. Sie konnte es kaum fassen, erlebte eine völlig problemlose Schwangerschaft und eine sehr schöne Geburt. Auf der Geburtsanzeige schrieb sie: «Ohne Shiatsu wäre dieses Wunder nicht geschehen».

Anders war es bei Xenia und Zoe. Bei beiden Frauen hatte der Partner einen Gen-Defekt, der zu 50% an die Kinder weitervererbt werden kann.
Die möglichen Krankheiten oder Beeinträchtigungen für die Kinder wären sehr schwerwiegend, sodass keines der Paare dieses Risiko eingehen wollte.
Beide hatten bis zum Kinderwunsch bewusst verhütet. Und jetzt hiess es, das gleiche Prozedere wie andere Paare mit unerfülltem Kinderwunsch zu durchlaufen: Beide Frauen wurden hormonell stimuliert, es folgte die Punktion zur Gewinnung der Eibläschen und anschliessende In-vitro-Fertilisation. Dann mussten die befruchteten Eizellen untersucht werden, bevor gegebenenfalls ein «gesunder» Embryo in die Gebärmutter transferiert werden konnte.

Diese Wartezeit bis zum Vorliegen der Testergebnisse ist für die meisten Paare sehr schwierig und, je nachdem wie die Befunde ausfallen, belastend bis zermürbend.
So auch für die Frauen Xenia und Zoe. Sie waren beide sehr gut informiert, vor allem, was die Statistiken zu diesem Thema anging. Diese Zahlen schienen ihnen irgendwie auch Halt zu geben.
Beide Frauen mussten je zweimal punktiert werden, bis ein gesunder Embryo – zumindest ohne den bekannten Gen-Defekt – transferiert werden konnte.
Bei Zoe, 33-jährig, klappte es beim ersten Versuch und die Schwangerschaft war eine gute Zeit für diese junge Mutter. Xenia, 28-jährig, erlitt einen Schwangerschaftsverlust in der 7. Woche, beim zweiten Transfer klappte es jedoch und die Schwangerschaft verlief absolut problemlos.

Mit den zunehmenden Möglichkeiten der Präimplantationsdiagnostik werden auch andere, neue Themen aktuell. Die notwendigen «Um-Wege» dieser beiden Frauen sind ein Beispiel dafür: zuerst bewusst verhüten, um nicht schwanger zu werden und dann eine sehr aufwändige Behandlung auf sich nehmen müssen, um ein gesundes Kind zu bekommen.

Sehr oft entstehen wichtige Fragen für die Frauen erst während des ganzen Prozederes. Vieles ist selbst für die Betroffenen sehr abstrakt oder zu spezifisches Fachwissen und kann auch im besten Gespräch nicht wirklich verstanden werden – es muss auch erlebt werden. Teil einer Shiatsu-Begleitung ist daher in diesen Fällen auch, vor einer Behandlung die Frauen darin zu unterstützen, die aufkommenden Fragen zu konkretisieren und formulieren, damit sie den FachärztInnen klar gestellt werden können. Diese Klärung unterstützt das Loslassen der Gedanken und Ängste, das Sich-Hingeben-Können und Sich-Nicht-Kümmern-Müssen. Ein Zustand wiederum, in welchem sich die Wirksamkeit von Shiatsu optimal entfalten kann und eine Empfängnis und gelungene Schwangerschaft umso wahrscheinlicher werden.

Text: Charlotte Huggel