Qigong im Alltag

Zum Begriff Qigong fällt uns vielleicht das Bild von sich sanft bewegenden Menschengruppen frühmorgens im Park ein. Tatsächlich kann man auch alleine Qigong-Übungen praktizieren, um die positiven Effekte auf Körper, Geist und Seele zu spüren.

Was ist Qigong?
Qigong ist eine ganzheitliche therapeutische Praxis der chinesischen Medizin, welche die Lebensenergie Qi harmonisiert und stärkt. Es gehören Bewegungsübungen, Meditation, Atemtechniken, Konzentrationsübungen und Selbstmassage dazu. Die sanft ausgeführten Übungen fördern Vitalität und Gesundheit und setzen sich aus sieben Komponenten zusammen: Entspannung, Ruhe, Natürlichkeit, Bewegung, Atmung, mentale Vorstellung und Ton. Wobei nicht in jeder Übung alle Teilaspekte angesprochen werden.

Auf den Grundlagen von taoistischer und buddhistischer Philosophie, gemischt mit neuzeitlichen Einflüssen, gibt es heute vielfältige Richtungen des Qigong. Das Forschungsinstitut für Qigong in Peking anerkennt davon etwa 100 Formen.

Der Begriff Qigong besteht aus den Worten Qi (Lebensenergie) und Gong (Arbeit). Die «Energiearbeit» oder «Arbeit mit der Energie» betont den auf die Gesundheit ausgerichteten Hintergrund der Übungen. Ein gestörter Energiefluss im Körper wird wiederhergestellt oder präventiv gestärkt und optimiert. Hier findet sich die Gemeinsamkeit mit Shiatsu. Bei beiden Methoden geht es darum, mit Lebensenergie zu arbeiten, die Verteilung und den Fluss des Qi zu regulieren, um die Gesundheit zu verbessern, indem Geist, Körper und Seele ins Gleichgewicht gebracht werden.

Die Lebensenergie
Sowohl die chinesische als auch die japanische Gesundheitstradition basieren auf dem Konzept der sogenannten Lebensenergie (chinesisch Qi und japanisch Ki genannt), welche als belebende Kraft alle Wesen, die Erde und das ganze Universum durchströmt. Dieses Konzept einer alles umfassenden Energie ist in der westlichen Welt nicht unbedingt präsent und wird oft als fernöstliche Idee aufgefasst. Aber auch alte europäische Heilsysteme kennen dieses Prinzip, hier wird es jedoch mit Licht, Wärme oder Atem umschrieben. In der Antike wurde unter Pneuma ein Lebenshauch als Kraft verstanden, die physiologische Vorgänge beeinflussen kann. Als Atem Gottes ist die gleiche Vorstellung in der jüdisch-christlichen Tradition verankert.

Wirkungsweise
Da Qigong-Übungen auf die Funktionen des Qi einwirken, können – neben der allgemeinen Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden – bestimmte Bereiche von Körper und Geist direkt beeinflusst werden. Auch werden das Immunsystem und somit die Selbstheilungskräfte gestärkt.
Die regulierende Wirkung auf das gesamte Nervensystem kann zum Stressabbau beitragen.
Die Beweglichkeit verbessert sich, was oft Beschwerden lindert und hilft, Verletzungen vorzubeugen. Ebenso werden Muskeln und Gelenke gestärkt, Blut-, Lymph- und Energiefluss werden harmonisiert. So entfaltet sich die Wirkung auch direkt in den Organen; Herzerkrankungen, Bluthochdruck, Verdauungsbeschwerden, Schlafprobleme sprechen gut auf Qigong an. Nicht zuletzt wird auch die Selbstwahrnehmung geschult, was positive Effekte sowohl auf die Entspannungs- wie auch die Konzentrationsfähigkeit hat.

Was brauche ich zum Üben? 
Qigong kann in Form einer einzelnen Übung oder als Übungsreihe mit festgelegtem Ablauf durchgeführt werden. Es gibt Übungen im Stehen, Sitzen oder sogar im Liegen. Da die Bewegungsabläufe langsam und behutsam ausgeführt werden, sind sie auch für Menschen mit körperlichen Einschränkungen geeignet. Bequeme Kleidung und eine stabile Unterlage, auf der man einen guten Stand hat, sind die einzigen benötigten Utensilien. So kann auch im Freien geübt werden.

Grundsätzlich kann man zu jeder Zeit Qigong üben, doch morgens den Tag damit zu beginnen, ist besonders effektiv. Die Wirkung der Übungen verstärkt sich mit der Dauer, es sollte jedoch nicht bis zur Erschöpfung praktiziert werden. AnfängerInnen können mit 5-10 Minuten starten und nach und nach bis auf eine Stunde verlängern. Der Übungsablauf kann einmal am Tag durchgemacht werden, wer mag, kann auch mehrmals pro Tag üben.

Für westliche Ohren klingen die Namen der Übungen ungewohnt aber schön, sind es doch oft sehr poetische Beschreibungen wie «Der Wind rauscht in den Lotosblättern». Das liegt daran, dass sich die Inhalte der Übungen an den Bewegungen in der Natur orientieren und Eigenschaften von Tieren und Pflanzen abbilden (z.B. «behäbiger Bär», «geschmeidiger Zweig», «dynamischer Hirsch», «verwurzelter Baum»).

Videos 
Hier einige Einstiegs-Übungen für den Alltag:

Jürgen Westhoff

Duft Qigong 1, Reinigung und Entgiftung

Dies ist eine Abfolge von 15 sehr leicht zu erlernenden Bewegungen, die ca. 15 Minuten dauert. Sie ist schlicht und wiederholt sich. So kommt der Geist zur Ruhe.

Veronika Ronchin

Atemübung Himmel und Erde

Diese Atemübung verbindet uns mit Himmel und Erde, lässt die eigene Mitte spüren und stärkt die Abwehrkräfte.

Katerina Bläsi Chrissochou

Der Tiger stürmt aus der Höhle 

Diese Übung energetisiert, vitalisiert und stärkt das Nieren-Qi.