Shiatsu für Armutsbetroffene – die Arbeit von Accompagno

Der Verein accompagno macht die KomplementärTherapie (KT) Menschen in schwierigen finanziellen Verhältnissen zugänglich. Der Name accompagno bedeutet so viel wie «ich begleite», und uns interessiert, wen das Angebot anspricht, wie der Verein entstand und wie das Netzwerk funktioniert.

KomplementärTherapie ist für Armutsbetroffene in der Schweiz kaum zugänglich. Sie können sich die Behandlung nicht leisten und verfügen nicht über eine Zusatzversicherung. Das gilt für Personen, die ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz leben (Sans Papiers), Geflüchtete und andere Menschen in prekären Lebenssituationen. In der KT-Welt kam deshalb schon in den 1990ern die Idee einer open clinic für Menschen in finanziellen Schwierigkeiten auf. Die Zeit dazu musste jedoch erst reif sein und so dauerte es bis 2015 zur Gründung von accompagno. Vorbild ist das Angebot Meditrina des Schweizerischen Roten Kreuzes im Kanton Zürich, welches medizinische Leistungen für Sans Papiers erbringt. TherapeutInnen in Zürich schlossen sich im gleichen Geiste zu einem Netzwerk der KomplementärTherapie und Alternativmedizin zusammen. Die Methoden umfassen momentan Shiatsu, Craniosacral Therapie, Feldenkrais Methode, Polarity, Osteopathie, Yoga, Ayurveda sowie TCM. Die Behandlung erfolgt üblicherweise in der Praxis der TherapeutInnen, kostenlos.

Seit 2023 gibt es auch ein niederschwelliges Angebot an einem festen Standort. An der Herman-Greulich-Strasse können Interessierte an zwei Tagen pro Woche spontan vorbeikommen und sich über das Angebot informieren. Oft sind auch Kurzbehandlungen möglich. Der Raum wird zudem für Treffen, Austausch und weitere Aktivitäten genutzt. So ist dienstags eine Bewegungsgruppe für Frauen entstanden.

Genutzt wird das Angebot hauptsächlich von MigrantInnen, Geflüchteten und Sans Papiers. Wobei auch alle anderen Menschen in schwierigen finanziellen und/oder sozialen Verhältnissen willkommen sind. accompagno ist daher mit verschiedenen Fachstellen eng vernetzt, damit alle Betroffenen von dieser Möglichkeit erfahren. Dazu gehören die Asylorganisation AOZ, die Bundesasylzentren in der Region Zürich, Notunterkünfte, die Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich SPAZ, Meditrina, Kirchen, Solinetz und die Autonome Schule, sowie das Stadtspital Triemli (Maternité) und das USZ (Ambulatorium für Kriegs-und Folteropfer).

Etwa zwei Drittel der Klientel sind Frauen; mehr als die Hälfte ist zwischen 18 und ca. 40 Jahre alt. Viele kommen allein, da sie ohne ihre Familie in der Schweiz sind, gleichzeitig gibt es immer wieder Familien, die Unterstützung für sich und ihre Kinder suchen. In den vergangenen Jahren waren die Nationalitäten Afghanistan und Syrien und seit 2022 auch die Ukraine stark vertreten.

Die Beschwerden umfassen eine ganze Bandbreite von Symptomen. Die meisten KlientInnen kommen wegen Stress, Überforderung, Angstzuständen, Kopfweh, Schlaflosigkeit und ähnlichen Themen. Viele Geflüchtete erlebten im Herkunftsland, auf der Flucht und manchmal auch hier in der Schweiz traumatische Erfahrungen. Zusätzlich belasten die oft unsichere Situation über den Aufenthaltsstatus, die provisorische Unterbringung und die fehlende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Diese Belastungen wirken sich auf die Psyche und die körperliche Gesundheit aus.
Hinzu kommen Verletzungen und Erkrankungen, die nicht gut ausgeheilt sind und anhaltende Beschwerden verursachen. Komplementärtherapeutisch und alternativmedizinisch wird der Heilungsprozess unterstützt, und bei Bedarf arbeiten die TherapeutInnen mit ÄrztInnen und anderen Fachpersonen zusammen.

Das Gespräch ist ein wesentlicher Bestandteil der KT. Sprachbarrieren sind in einem Angebot wie accompagno zu erwarten. Die Erfahrungen sind unterschiedlich, oft ist eine Verständigung auf Englisch die gemeinsame Basis. Zudem werden KlientInnen und TherapeutInnen nach Sprachprofil vermittelt, sodass eine gute Kommunikation gewährleitstet ist. Manchmal arbeitet der Verein auch mit ÜbersetzerInnen zusammen. In seltenen Fällen ist die Sprachbarriere so hoch, dass nur eine Verständigung mit Händen und Füssen möglich ist. Das Gespräch reduziert sich auf das Machbare. Dann wirken die anderen Qualitäten der KT umso mehr, wenn Präsenz, Ruhe und der sichere Ort die KlientInnen einladen, sich auf die Therapie einzulassen.

accompagno gibt es bisher nur im  Raum Zürich. In Luzern entwickeln sich Projekte in eine ähnliche Richtung, mit diesen besteht ein Austausch. Die Finanzierung der Leistungen erfolgt ausschliesslich über Spenden und Mitgliederbeiträge. Die TherapeutInnen arbeiten ehrenamtlich, in einem Gegenwert von mehr als CHF 45’000.- pro Jahr. Damit ermöglichen sie Menschen, die am oder unter dem Existenzminimum leben, den Zugang zur KomplementärTherapie und Alternativmedizin. Das Ziel ist es, auch diesen Personen Hoffnung zu geben und ihre Genesungskompetenz zu fördern. Der Verein schliesst damit eine Versorgungslücke im öffentlichen System und folgt seiner Vision, die Gesundheit aller Menschen zu stärken, ungeachtet des sozialen Standes.

Sofia Paredes, Shiatsu-Therapeutin

 

Alle Informationen zu accompagno und zu Spendemöglichkeiten: https://accompagno.org/

Die Shiatsu Gesellschaft Schweiz unterstützt accompagno mit einer Spende.