Spiegel des Seins −­ Europäischer Shiatsu-Kongress

Rund 300 Shiatsu-TherapeutInnen und 25 Dozierende reisten diesen September aus Japan und den verschiedensten Ecken Europas in die kraftvolle Bergwelt des Kientals, um am Europäischen Shiatsu Kongress teilzunehmen, gemeinsam zu lernen und sich auszutauschen. Dank der intensiven Vorbereitung durch ein motiviertes Organisations-Team und der tatkräftigen Mithilfe von rund 50 Personen vor Ort wurde der mehrtägige Kongress ein voller Erfolg.

Einige Personen sitzen in Grüppchen am Teich, lassen ihre Füsse im Wasser baumeln und tauschen ihre Erfahrungen, die sie im soeben besuchten Workshop gemacht haben, aus. In einer Sofa-Ecke planen zwei Schulleiter aus Frankreich und England eine gemeinsame Internet-Plattform für den effizienteren Austausch von Informationen und Artikeln. Im grossen Zelt wird der für den Abend geplante Band-Auftritt geprobt. Nebst dem grossen Angebot an Workshops und Demo-Behandlungen, die in den diversen Räumlichkeiten rund um den Campus Kientalerhof gebucht werden konnten, bleibt auch genügend Raum und Zeit zum Netzwerken, Diskutieren und Planen.

Den Shiatsu-TherapeutInnen, die einfühlsam mit Händen, Herz, Geist, Augen und Worten berühren und sich berühren lassen, ermöglicht der Kongress neue Blickwinkel auf ihre Therapieform Shiatsu.

Haruhiko Masunaga ist, als Weiterführender einer der Hauptlinien des Shiatsu, aus Japan angereist und staunt, dass am Kongress ein konstruktiver Austausch, über verschiedenste Schulen und Stile hinweg, möglich ist. Nach einer Kurz-Demo-Behandlung dürfen sich Freiwillige mit konkreten Leiden oder Schmerzen melden, und Masunaga zeigt seine Herangehensweise in einer kurzen Behandlungssequenz. Die schnelle Verbesserung der jeweiligen Symptome ist in allen Fällen sichtbar und eindrücklich. In zahlreichen weiteren offenen Behandlungsräumen können die Teilnehmenden verschiedenen DozentInnen während einer Behandlung über die Schulter schauen und im Anschluss Fragen stellen.

In den Workshops zu so spannenden Themen wie emotionale Traumata, Achtsamkeitsübungen, Prozessarbeit oder der Gegenüberstellung von Meridiansystem und faszialem Netzwerk, teilen die Dozierenden grosszügig und bescheiden ihre Erfahrungen aus langjähriger Praxistätigkeit und Studium.

Raum, Aufmerksamkeit, Präsenz, Ausrichtung, Akzeptanz: Dies sind einige der Begriffe, mit denen immer wieder in unterschiedlicher Form in den Workshops gearbeitet wird. Wie kann man als TherapeutIn eine entspannte Präsenz im eigenen Körperraum etablieren, wie eine fokussierte Aufmerksamkeit trainieren? Voraussetzung dafür ist eine feine Ausrichtung des eigenen Körpers und Geistes im Raum. Das Resultat dieses stetigen Trainings ist die Erlangung eines verstärkten Resonanzzustands, der sich unmittelbar auch auf die KlientInnen auswirkt und als Instrument im Shiatsu genutzt werden kann. Tun und Sein, Spannung und Entspannung, Fokus und Weite. Diese unterschiedlichen polaren Kräfte erforschen die Teilnehmenden, um eine lebendige, entspannte Ausrichtung zu erlangen.

Mit zwei Dozenten aus Frankreich werden Möglichkeiten zur Steigerung des eigenen inneren Energieniveaus erkundet, damit sich die tägliche Therapie-Arbeit nicht langfristig negativ auf den Gesundheitszustand der TherapeutInnen auswirkt, die ja in Form sein müssen, um ihren KlientInnen dienen zu können.

Die Energie der Berge, der frischen Luft, der stetig rauschenden Kiene und nicht zuletzt des leckeren Essens – rund 400 kg Gemüse und 100 kg Tofu werden für die Teilnehmenden verarbeitet – tragen dazu bei, dass sich die gemeinsame Energie potenziert.

Dass so viele engagierte Leute aus den verschiedensten Ländern ihr Leben dem Ziel widmen, ihre Mitmenschen darin zu unterstützen, körperliche oder seelische Leiden zu mindern, die Selbstwahrnehmung zu fördern und mehr Lebensqualität zu erlangen, ist eine stärkende Erfahrung. Alle reisen reich beschenkt wieder nach Hause und werden die Juwelen, die sie in den Schweizer Bergen in Form von geteiltem Wissen und Erfahrungen erhielten, in ihrer eigenen Praxis zum Glänzen bringen.

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