Wir stellen vor: Nina Sternthal, Vorstandsmitglied der Shiatsu Gesellschaft Schweiz (SGS)

Nina Sternthal wurde an der Mitgliederversammlung 2024 in den Vorstand der Shiatsu Gesellschaft Schweiz gewählt und ist neu Vize-Präsidentin des Verbands.


Wie bist du auf Shiatsu gekommen?
Mit 16 Jahren bin ich in meinem Lieblingsbuchladen beim Stöbern auf die Bücher «Alternative Heilkunde Shiatsu» von Nicola Pooley sowie «Fünf Elemente und Zwölf Meridiane» von Wilfried Rappenecker gestossen. Ich war sofort fasziniert von den Denkansätzen und den erweiterten Perspektiven bezüglich des Menschen, der Natur, der Welt und wie sie interagieren und tief miteinander verbunden sind, die sich mir darin eröffneten. Damals wie heute haben mich die grossen Sinn-Fragen umgetrieben. Zu jener Zeit fand ich in der westlichen Philosophie und Religion keine für mich schlüssigen und stimmigen Antworten, nur Fragmente. Leider bin ich erst viel später auf Seneca, Marc Aurelius und Epiktet gestossen – damals hatten wir im Lateinunterricht leider nur Cäsars Gallische Kriege übersetzt statt dieser zutiefst berührenden Texte westlicher Weisheit.

Vor allem das Konzept von Yin und Yang, den Gegensätzen, die sich bedingen, polar sind und sich doch ergänzen, eröffnete mir eine komplett neue Welt. Diese Faszination für das «Sowohl-als-auch» anstatt des ewigen «Entweder-oders» hat mich bis heute nicht mehr losgelassen und lässt mich immer wieder von Neuem staunen. Und dann das Ganze in Beziehung zum Du zu erleben, zu den Meridianen und ihren Qualitäten, der Stille, der Berührung und Verbundenheit, verlieh allem nochmals eine neue Tiefe.

Was war deine Motivation dich für eine Position im Vorstand der SGS zu bewerben?
Nebst der Arbeit in der Praxis mit KlientInnen und der Tätigkeit als Dozentin am IKT wuchs das Interesse, mich noch mehr auf der gesellschaftlichen und politischen Ebene für Shiatsu und die KomplementärTherapie (KT) stark zu machen. In Zeiten voller Tempo, Reizüberflutung und Digitalisierung scheint es mir essentiell, Räume der Erholung und Stille zu kreieren, Menschen auf dem Weg in die Verbindung mit ihrem Körper und ihrer inneren Heilkraft zu begleiten.

Was hat dich am Ressort Schulen und Externe Beziehungen besonders gereizt?
Ich bin gerne im Austausch, in Kommunikation und liebe es, Verbindungen und Lösungen in der Verschiedenheit zu finden. Die Vernetzung und Verbindung über Grenzen hinaus faszinieren mich, und ich bin sehr dankbar, über diese Position mit shiatsu-begeisterten Menschen aus der Schweiz und ganz Europa in Kontakt und Austausch zu kommen.

Du bist auch Dozentin an einer der Shiatsu-Schulen: Kannst du da Synergien nutzen oder gibt es da Konfliktpotenzial?
Ich sehe vor allem die Synergien. Der Dozentinnen-Hut hilft mir, Anliegen und Dringlichkeiten diverser Themen aus der Perspektive der Ausbildungsinstitute und Studierenden zu verstehen. Viele Inhalte sind mir daher nicht fremd, auch wenn ich mich jetzt beim Einarbeiten teilweise mit ganz neuen Aspekten hierzu auseinandersetze. Es liegt mir aber sehr am Herzen neutral zu sein und meine beiden Funktionen so klar wie möglich zu trennen.

Was beinhaltet deine Position als Vize-Präsidentin?
Mein Anliegen ist es, das Präsidium so gut es geht zu unterstützen bei allen Themen und Herausforderungen, die die nächsten Jahre bringen werden und ich freue mich sehr darauf!

Was möchtest du gerne bewegen mit deiner Mitarbeit bei der SGS?
Shiatsu als Methode der KT weiterhin gut in der breiten Gesellschaft zu verankern und seinen wichtigen Platz im Gesundheitswesen zu erhalten und zu stärken. Der KAM-Barometer 2024 [1] zeigt ein deutliches Bild: Die Schweizer Bevölkerung steht der Komplementär- und Alternativmedizin positiv gegenüber. Sie ist beliebt, wird häufig in Anspruch genommen, und es herrscht vor allem eine sehr hohe Zufriedenheit mit dem Behandlungserfolg. Dies zeigt mir, dass ich hier gesellschaftsrelevante Arbeit mache und mit meiner Mitarbeit im Verband die Entwicklungen dieses Gesundheitsbereichs noch mehr fördern kann.

Du hast ein Studium in Psychologie und eine kaufmännische Ausbildung sowie verschiedene Aus- und Fortbildungen in Yoga, Spiraldynamik und Mindfulness Based Core Process Psychotherapy gemacht. Inwieweit fliessen diese anderen Kenntnisse in deine Shiatsu-Arbeit mit ein?
Meine Shiatsu-Arbeit ist natürlich geprägt von meinem Lebensweg und den unterschiedlichen Einflüssen meiner Ausbildungen. Der Mensch in all seinen Facetten – den schönen und den schwierigen Anteilen – ist in seiner Ganzheit willkommen. Es bereitet mir täglich Freude und erfüllt mich tief, Menschen zurück in ihre Kraft, Resilienz und Selbstwahrnehmung zu begleiten.

Wie fliessen deine Erfahrungen in die Vorstands-Arbeit ein?
Mir fällt es leicht und es macht mir Freude unterschiedliche Perspektiven einzunehmen, offen und flexibel zu sein und ständig Neues dazuzulernen. Neue Herausforderungen faszinieren mich und spornen mich an, stetig zu wachsen.

Wie siehst du die Zukunft unseres Berufsverbandes in 10 Jahren?
Das ist schwierig zu beantworten. So vieles wandelt sich in so kurzer Zeit, ich lasse mich gerne überraschen. Ich bin aber überzeugt, dass uns Weitsicht und Nachhaltigkeit in eine dynamische und gleichzeitig solide Zukunft führen werden.

[1] KAM-Barometer 2024 – Studie zu den Erfahrungen der Schweizer Bevölkerung mit der Komplementär- und Alternativmedizin. Christian Bolliger, Markus Simon, Alina Zumbrunn (2024)



Interview: Andrea Pfisterer



Weiterführende Links:
_ Nina Sternthal
_ Überblick KAM-Barometer
_ International Shiatsu Network