Frauengesundheit und Shiatsu
Frauengesundheit umfasst ein breites Spektrum der Medizin, das biologische, psychologische und soziale Aspekte berücksichtigt. Es geht dabei nicht nur um die reproduktive Gesundheit, sondern auch um Themen wie Herzkrankheiten, chronische Schmerzen, Osteoporose und psychische Erkrankungen, die sich speziell bei Frauen anders zeigen können.
Im Mittelpunkt stehen Beschwerden, die bei Frauen anders verlaufen als bei Männern oder häufiger bzw. ausschliesslich Frauen betreffen. Dabei wird der Einfluss von Hormonen, Genetik, Umwelt, Emotionen und sozialen Erfahrungen auf die Gesundheit von Frauen berücksichtigt.
Um eine gerechte und wirksame Gesundheitsversorgung für alle zu gewährleisten, ist das Verständnis geschlechtsspezifischer Unterschiede in der medizinischen Forschung und Behandlung von grosser Bedeutung. So sind beispielsweise 70% der Menschen mit chronischen Schmerzen Frauen, doch 80% der Schmerzstudien werden ausschliesslich an Männern durchgeführt. Zudem sind zwei von drei Alzheimer-PatientInnen Frauen, während viele Alzheimer-Studien überwiegend auf Männer fokussiert sind. Frauen sind auch dreimal häufiger von Migräne betroffen. Einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2016 zufolge leben Frauen in der Europäischen Union zwar im Durchschnitt länger als Männer, doch die Fortschritte in Medizin und Diagnostik kommen oft Männern zugute, sodass Frauen mehr Lebensjahre in schlechtem Gesundheitszustand verbringen.
Welche Rolle spielt Shiatsu dabei?
Shiatsu ersetzt nicht die Schulmedizin, wo diese notwendig ist, bietet jedoch einen persönlichen und sanften Ansatz, der eine besonders achtsame Betreuung im Bereich der Frauengesundheit ermöglicht, da es den geschlechtsspezifischen Charakter der Beschwerden berücksichtigt.
Im Fokus von Shiatsu steht die Behandlung von Symptomen durch das Angehen ihrer zugrunde liegenden Ursachen, mit dem Ziel, Körper und Geist ins Gleichgewicht zu bringen und so die Genesung und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern.
Eine medizinische Diagnose im Vorfeld kann Shiatsu-TherapeutInnen helfen, die individuellen Bedürfnisse der Klientinnen besser zu verstehen. In komplexen und sensiblen Fällen kann Shiatsu eine wertvolle Ergänzung zur Schulmedizin sein, während es in anderen Fällen auch als eigenständige Therapieform wirksam sein kann.
Shiatsu für die Frauengesundheit
Shiatsu kann Frauen unterstützen, die an Migräne, Kreislaufstörungen, Fibromyalgie, Amenorrhoe (dem Ausbleiben der Menstruation) oder Dysmenorrhoe (schmerzhafter Menstruation) leiden. Bei der Therapie chronischer Erkrankungen sind Geduld und regelmässige Behandlungen erforderlich, um nachhaltige und spürbare Verbesserungen zu erreichen. Ein Beispiel dafür ist die Anwendung von Shiatsu bei einer Klientin, die seit mehreren Monaten mit einem chronischen Leiden zu kämpfen hat.
Praxis-Beispiel Amenorrhoe
Elena, eine 36-jährige Frau, kommt in die Shiatsu-Praxis aufgrund einer Amenorrhoe, die seit etwa zehn Monaten besteht. Im Erstgespräch erzählt sie, dass ihre Menstruation ausblieb, nachdem ihre Schwester verstorben war, was zeitlich mit dem Beginn eines neuen, verantwortungsvollen Jobs zusammenfiel. In dieser Zeit litt sie unter starken Ängsten und dem Gefühl der Überforderung.
Was ist Amenorrhoe?
Amenorrhoe bezeichnet das Ausbleiben der Menstruation. Dabei wird zwischen primärer Amenorrhoe, bei der die Menstruation bis zum 15. Lebensjahr nicht einsetzt, und sekundärer Amenorrhoe, bei der die Menstruation für mindestens drei Monate ausbleibt, unterschieden. Die Ursachen sind oft schwer zu bestimmen und können von hormonellen Ungleichgewichten und Stress bis hin zu komplexeren medizinischen Problemen reichen. Amenorrhoe ist mehr als nur das Ausbleiben der Menstruation; sie kann das physische und psychische Wohlbefinden einer Frau erheblich beeinträchtigen.
Die Shiatsu-Behandlungen konzentrieren sich darauf, Elenas Ängste zu lindern und ihren „Energietank“ wieder aufzufüllen. Die Sitzungen finden wöchentlich statt und beginnen mit sanften Hand- und Fussbehandlungen, um Entspannung zu fördern. Anschliessend wird entlang bestimmter Meridiane gearbeitet, die mit emotionaler Verarbeitung, hormoneller Balance und der Anpassungsfähigkeit des Körpers an Veränderungen in Verbindung gebracht werden.
Nach vier Wochen verspürt Elena erste Verbesserungen: Ihre Ängste wandeln sich in Traurigkeit, die schliesslich einem Gefühl der Erleichterung weichen. Zwei Wochen später setzt ihre Menstruation wieder ein. Weitere Behandlungen sind notwendig, um die Regelmässigkeit des Zyklus wieder vollständig herzustellen.
Elenas langsame Reaktion auf die Behandlung ist typisch, da Shiatsu bei starkem und langanhaltendem Stress mehrere Schichten emotionaler und körperlicher Spannungen löst. Dieser Ansatz berücksichtigt die Komplexität chronischer Zustände und fördert eine nachhaltige Genesung.
Elenas Fall zeigt, wie eine individuell angepasste Shiatsu-Therapie das Wohlbefinden wiederherstellen kann. Die Therapeutin reagiert auf die aktuellen Bedürfnisse und passt die Behandlung entsprechend an, um die Ursachen von Spannungen und Ungleichgewichten zu behandeln, die den Symptomen zugrunde liegen.
Fazit
Shiatsu kann bei vielen Aspekten der Frauengesundheit tiefgreifende Verbesserungen bewirken. Dabei ist ein vertieftes Verständnis für die Besonderheiten der Frauengesundheit unerlässlich, um ein umfassendes und ganzheitliches Wohlbefinden zu fördern.
Text: Alice Ginger Zagato
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